Sitzung der Stadtverordnentenversammlung vom 05.12.2023
Grundsätzlich begrüßen wir neue Wege und Investitionen in unseren Standort Allendorf Lumda. Rein ökonomisch betrachtet, könnte die Ausweisung von neuen Gewerbeflächen vermeintlich der richtige Weg sein. Was jedoch dabei übersehen wird, ist der ökologische Aspekt. Um es auf den Punkt zu bringen – es besteht eine ökonomische und ökologische Zwickmühle.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten unzählige Hektar an Bau- Straßen- und Gewerbeflächen ausgeweitet. Was aus vielerlei ökonomischer Perspektive für Einzelne gut war. Die Kehrseite – die unwiederbringliche Versiegelung von Flächen und deren Folgen für uns ALLE – wurde schlichtweg ausgeblendet.
Theoretisch wissen wir (fast) alle, dass wir uns mitten in einer schleichenden Umweltkrise befinden: Klimawandel, Biodiversitätsschwund, Trinkwasserknappheit, zerstörerische Ressourcengewinnung, wachsende Müllberge an Land wie in den Meeren sowie Luft- und Bodenverschmutzung sind in aller Munde. Theoretisch wissen wir ebenfalls, was zu tun ist: Änderung der derzeitigen Konsumkultur, weniger Flächenversiegelung, Regionalisierung von Produktionsprozessen, Umstieg auf erneuerbare Energien und nachwachsende Rohstoffe usw. Und in der Praxis scheitern wir auf allen Ebenen – international, national und vor Ort. Für dieses Phänomen gibt es sogar ein Fachbegriff: soziales Dilemmata.
Soziales Dilemmata betreffen öffentliche Güter, wie Boden, Luft, Wasser und bedeutet im weiteren Sinne das Scheitern kollektiven Handelns. Es beschreibt den Konflikt zwischen Einzel- und Gruppeninteressen. Der Vorteil des Einzelnen bei der Nutzung dieser Güter (z.B. Boden für Hausbau oder Unternehmen) tritt sofort ein, während der Schaden für alle oft viel später eintritt (weniger Grundwasser, weniger Biodiversität).
Der Umweltschutz bzw. die Umweltpolitik ist in vielerlei Hinsicht eine riesige Ansammlung sozialer Dilemmata. Eigentlich wissen alle, was zu tun wäre. Auch die Dringlichkeit und Notwendigkeit dezidierten Handelns ist den meisten sehr wohl bewusst. Jedoch scheitern wir – die Flächenversiegelung nimmt weiter zu, Müllberge steigen, mehr Mikroplastik, mehr Verbrennung von fossilen Stoffen, Grundwasser sinkt und ist stark belastet und und und. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.
Und jetzt? Unsere vergangenen Entscheidungen haben Auswirkungen auf uns ALLE, unser jetziges Leben und auf unser zukünftiges Leben, auf das Leben unserer Kinder mit weitreichenden Folgen und trotzdem wählen wir immer wieder die alten Lösungen trotz neuer Rahmenbedingungen – wie Umwelt- und Klimakrise, demografischer Wandel und neue Technologien. Und wir können nicht neue Probleme mit alten Modellen lösen. Das gebe ich zu Bedenken.
Wir haben mehr ökonomisch als ökologisch gedacht und tun es größtenteils noch immer und dies hat Auswirkungen auf Wasser, Boden und Luft – unsere Lebensgrundlage – auch hier vor Ort! Wir können dies nicht losgelöst voneinander betrachten. Wir sind nicht von der Natur entkoppelt, aber wir handeln so. Und das ist eine große Herausforderung für unsere Kommune und für uns alle! Egal ob es sich um ein Gewerbegebiet, um Straßen oder andere Flächen handelt. Letzten Endes werden wir alle den Preis dafür bezahlen, oder unserer Kinder und Enkelkinder.
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