Jochen Karl referiert in Climbach über Innenstadtentwicklung und Demografie / „Krakenmäßige“ Baugebiete
Gießener Anzeiger vom 27.02.2016
CLIMBACH – (uwe) Nach der Begrüßung durch den Grünen-Kreisspitzenkandidaten Christian Zuckermann sprach in Climbach Dr. Jochen Karl zum Thema „Bevölkerungsentwicklung, Verkehrsentwicklung und über denkmalgeschützte Immobilien“. Seine These: „Der Trend zum eigenen Haus ist ungebrochen.“ Karl bedauert das „Aushungern der Ortskerne“. Seit zehn bis 15 Jahren gebe es einen deutlichen Trend zum Leben in der Stadt.
Die Bevölkerungsentwicklung für Allendorf/Lda. sieht Karl bis 2020 bei einem Minus von vier Prozent. Fazit: Die Einwohnerzahl des Landkreises Gießen wird langsam, aber kontinuierlich abnehmen.
Die Zahl der Familien wird weit überproportional abnehmen, dem steigenden Wohnraumbedarf in der Stadt steht ein drastischer Rückgang auf dem Land gegenüber. Gebraucht würden kleine Wohneinheiten, gebaut werden große Wohneinheiten. Erstaunlich gut komme bei der Entwicklung des Bevölkerungszuwachses die Stadt Staufenberg weg, die an erster Stelle der Prognose bis 2020 steht.
Verkehrstechnisch sieht Karl die Einrichtung von Tempo-30-Zonen als notwendig an, denn laut Karl führen Tempo-30-Zonen zu einer wahrgenommenen Halbierung der Lärmbelastung, zur Senkung der Feinstaubbelastung um sechs Prozent und zur Verringerung der Zahl der Unfälle um 20 Prozent.
Nach dem Vortrag wollte Zuckermann in der Diskussion wissen, ob Karl eine Aussage zum geplanten Neubaugebiet „Futterwiese“ treffen könne, was den Naturschutz angeht, denn aus Sicht von Bündnis 90/die Grünen gibt es innerstädtische Alternativen. Was auf der „Futterwiese“ geplant ist, könne man auch an anderer Stelle verwirklichen. Karl: „Das gesamte Gebiet jenseits der Straße ist Landschaftsschutzgebiet“. Weiter hält er es für wenig klug, eine Tankstelle mit viel Aufwand zu verlagern, um diese ein oder zwei Meter höher zu setzen. Was das Ärztehaus anbelangt, ist Karl immer dafür gewesen, so etwas zentral zu machen.
Es gibt Leerstände im Ortskern, zum Beispiel das Gebäude der Bücherstube. Ihm sei es nicht bekannt, dass eine andere Alternative je geprüft wurde. Günter Muhly hat sich intensiv mit der Regionalplanung auseinandergesetzt. Allendorf/Lda. hat schon eine extrem hohe Ausdehnung, das bedeutet auch für alle extrem hohe Fixkosten. Es sei ein berechtigtes Ziel im Regionalplan solche Fixkosten zu senken, das mache Allendorf nicht. Die Stadt weite Baugebiete krakenmäßig aus und steigere die Fixkosten. Selbst der Edeka-Markt sei eine Fehlplanung, denn die Verlagerung an den Ortsrand hat vielen Geschäften im Ortskern die Existenz genommen. Die Versorgungsachse sei die Bahnhofstraße, denn dort sind schon zwei Ärzte und eine Apotheke.
Es gibt Optionen in der Bahnhofstraße, das Bürgerhaus sei nicht effektiv genutzt, hier könnte zum Beispiel aufgestockt werden um ein Ärztehaus zentral zu bauen. In anderen Kommunen werde mit den vorhanden Ärzten geplant, in Allendorf werde in Konkurrenz zu vorhanden Ärzten geplant.
Muhly: „Es ist furchtbar, wie wenig vorausschauend geplant wird.“ Die Art und Weise wie Ziele angegangen und Aufgaben strukturiert werden, finde er „katastrophal“. In Allendorf seien Struktur, Vorschriften und Bedingungen wichtiger als die Inhalte, und das könne nicht sein. „B90/Die Grünen wehren sich sehr erfolgreich, das können wir ja jeden Tag in der Presse lesen“, so Zuckermann, der die Rede von Muhly unterstützte. Dr. Christiane Schmahl erläuterte, dass der Kreis im IKEK-Programm ist, das aussage: „Keine Neubaugebiete“.
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